Nach der Sommerpause fand die bereits 12. Forschungswerkstatt der Förderlinie „Hybride Interaktionssysteme zur Aufrechterhaltung der Gesundheit auch in Ausnahmesituationen“ am 24. September 2024 statt. Unter dem Titel „Covid & Real World Data“ wurde dieses Mal das Konzept PREMs (Patient-reported experience measures) und PROMs (Patient-reported outcome measures) und die Anwendung der Konzepte in den Forschungsprojekten diskutiert.
Gestartet wurde mit einem äußerst informativen Impulsvortrag von Frau Professorin Dr. Cristina Polidori aus dem Projekt HINT (Hybride Interaktive Avatare für Post-COVID-Betroffene). Frau Polidori leitet die klinische Altersforschung an der Universitätsklinik Köln und bringt u.a. die medizinische Perspektive ins Projekt ein.
Frau Prof. Dr. Polidori erläuterte, warum PREMS und PROMS eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Post-COVID-Syndromen spielen, vor allem im Kontext der geriatrischen Medizin. Durch die Pandemie rückten Themen ins Bewusstsein, die in der Geriatrie bereits lange etabliert sind. Während die „Bismarckmedizin“ ursprünglich auf akute Erkrankungen und deren Sterblichkeitsrate fokussiert war, hat sich der Fokus heute auf chronische Erkrankungen verlagert, insbesondere bei älteren Menschen, die oft multimorbide sind. Faktoren wie Mobilität, Autonomie und das allgemeine Wohlbefinden bestimmen, wie gut jemand eine Erkrankung wie COVID übersteht. Hier kommen die patientenberichteten Ergebnisse (PROMS) ins Spiel, die den Einfluss von Gesundheitszuständen aus der Perspektive der Patienten messen. PREMS hingegen konzentrieren sich auf die Bewertung der Behandlungsqualität und die Zufriedenheit der Patienten. Beide Ansätze sind essenziell, da in der traditionellen Bismarckmedizin solche Faktoren oft nicht erfasst werden. Besonders im Kontext von Post-COVID, einer Erkrankung mit über 200 Symptomen, die die Lebensqualität beeinträchtigen, sind PREMS und PROMS von Bedeutung, um die individuellen Auswirkungen auf den Alltag zu erfassen. Diese Daten können nur von den Patienten selbst erhoben werden, da jeder andere Bedürfnisse und Einschränkungen im Alltag hat. Standardisierte Fragebögen und Interviews helfen dabei, diese Informationen zu sammeln und zu bewerten. Der Einsatz digitaler Lösungen, wie z. B. Sensoren, könnte helfen, diese Daten effizient zu erfassen und personalisierte Versorgungsansätze zu entwickeln. Ziel ist es, den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Post-COVID-Betroffene zu verbessern, indem auch ethische und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt wird.
Im zweiten hochinteressanten Impulsvortrag von Julia Belger aus dem Projekt EPSILON (Objektive und hybride Erfassung kognitiver und Fatigue-assoziierter Post-COVID Symptome mit multimodalen Werkzeugen) wurde dargestellt, inwieweit die im ersten Vortrag vorgestellten Konzepte PREMs und PROMs im Projekt eingesetzt werden. Frau Belger ist Neurowissenschaftlerin und Psychologin und tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Tagesklinik für kognitive Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig. Im Projekt EPSILON liegt der Fokus in Bezug auf PREMs und PROMs auf der Erfassung subjektiver Erfahrungen und Wahrnehmungen der Patient*innen sowie ihrer Zufriedenheit mit den bisherigen Behandlungen. Im Projekt wird das Einbeziehen verschiedener Stakeholder betont, insbesondere der Patientinnen. Sie bringen wertvolle Erfahrungen ein und dienen als Berater während des Studienprozesses. In Fokusgruppen und Interviews werden Erwartungen, Ängste, technologische Anforderungen und gesundheitliche Bedenken der Patient*innen erfasst, um die Studienerfahrung möglichst angenehm und zielführend zu gestalten.
Eine zentrale Komponente des Projekts ist eine VR-basierte kognitive Diagnostik, bei der Patient*innen Aufgaben zur Gedächtnisleistung absolvieren. Diese Diagnostik wird durch Wearables unterstützt, die vegetative Gesundheitsdaten erfassen, um Fatigue-Symptome zu berücksichtigen. Pausenoptionen und eine einfache Kommunikation der Daten sind wichtige Aspekte, um die Belastung der Patientinnen zu minimieren. Das Projekt zielt darauf ab, die digitalen Werte und Symptome objektiv sichtbar zu machen, wobei Datenschutz und Belastungsfaktoren berücksichtigt werden müssen, wie Frau Belger betonte.
Insgesamt konnte ein aufschlussreicher Überblick über das Thema gewonnen werden, mit einem spannenden Einblick in die Forschungspraxis und wie immer bestand die Möglichkeit sich im Plenum und in Breakouts zu eigenen Erfahrungen auszutauschen.
Im Anschluss stellte das CoCre-HIT Team erneut seine Formate vor mit einem Hauptaugenmerk auf die Ergebnisse der Begleitforschung und wie die gesammelten Daten aus den Begleitformaten aufbereitet und verwertet werden. Zudem wurden Bedarfe und Wünsche für das nächste große Vernetzungssymposium geäußert. Diese umfassen insbesondere Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten, um auch nach Projektlaufzeit in Kontakt bleiben zu können sowie ein thematischer Fokus auf Transfer und Verwertung.
Das Abschlusssymposium der Förderlinie findet am 18. & 19.02.2025 in Berlin statt.